Hier bei Natracare haben wir in den letzten 30 Jahren schon einige Richtungsänderungen im Umgang mit der Periode miterlebt und eines ist sicher: Worte sind machtvoll. Aus diesem Grund haben wir Supermärkte in Großbritannien auch dazu aufgerufen, ihre Beschilderung mit den Worten „Feminine Hygiene“ (dt.: Damenhygiene) abzuschaffen. Wir setzen uns dafür ein, eine inklusivere Sprache zu benutzen, um trans und gender diverse Menschengruppen, die menstruieren, miteinzuschließen, und rufen in unserer Shades of Red Zine dazu auf, sie zu unterstützen.
Und wir denken zudem, dass es an der Zeit ist, den Begriff „Hygiene“ zu streichen, wenn es um die Menstruation geht, und stattdessen von „Gesundheit“ zu sprechen.
Was steckt hinter dem Begriff „Menstruationshygiene“?
Die englischen Begriffe „menstrual hygiene“ (dt.: Menstruationshygiene) oder „menstrual hygiene management (MHM)“ wurden 2005 von UNICEF geprägt. Sie beziehen sich auf das Benutzen von sauberen Periodenprodukten und die Möglichkeit, diese so oft wie nötig in privater Umgebung in dafür vorgesehenen reinlichen Räumlichkeiten wechseln und sicher entsorgen zu können. In vielen Ländern auf dieser Welt ist Menstruation immer noch mit Scham, Stigmatisierung und sozialen Tabus behaftet.
Und da Periodenarmut und das Tabu rund um die Periode immer noch weitverbreitete Probleme sind, ist der Dialog über „Menstruationshygiene“ wichtig. So sehr sogar, dass 2014 der Menstrual Hygiene Day (dt.: Tag der Menstruationshygiene) ins Leben gerufen wurde, um Aufmerksamkeit hierfür zu schaffen.
Was ist der Menstrual Hygiene Day?
Menstrual Hygiene Day (MH Day) ist eine weltweite Initiative, die von der deutschen regierungsunabhängigen Organisation WASH United gegründet wurde und jedes Jahr am 28. Mai stattfindet. Der Tag schafft Aufmerksamkeit dafür, dass viele Menschen auf dieser Welt keinen Zugang zu Periodenprodukten und Waschmöglichkeiten haben und er vereint die Stimmen und Aktionen von gemeinnützigen Organisationen, Behörden, Einzelpersonen, dem privaten Sektor und den Medien, um einen hygienischen Umgang mit der Menstruation zu fördern. Während der Fokus dieses Tages zunächst hauptsächlich auf dem Thema Periodenarmut lag, ist der Tag nun ebenso essenziell im Kampf gegen Stigmatisierung und das Tabu rund um die Periode. Auch wenn der Tag dafür gefeiert werden sollte, dass er anderen hilft, denken wir dennoch, dass die Verwendung des Wortes „Hygiene“ nicht mehr zeitgemäß ist. Eine Änderung könnte die Stigmatisierung rund um die Periode noch weiter zurückdrängen.
Was stört an dem Wort „Hygiene“?
Wenn wir über die Probleme mit dem Wort „Hygiene“ im Zusammenhang mit der Periode sprechen, ist es wichtig, zunächst einmal zu überlegen, was Hygiene tatsächlich bedeutet. Josie Parmee rief die Kampagne ‘Health Not Hygiene’ genau hierfür ins Leben, um den „Menstrual Hygiene Day“ zum „Menstrual Health Day“ (dt.: Tag der Menstruationsgesundheit) zu machen.
Die Petition beschreibt, wie sich menstruierende Menschen auf der ganzen Welt schmutzig fühlen und tiefe Scham empfinden, wenn sie ihre Periode haben. Dies bedeutet, dass Periodenarmut nicht nur ein Problem von zu wenig Periodenprodukten ist: Es ist vor allem ein Problem schädlichen Irrglaubens und von verletzendem Verhalten rund um die Menstruation.
Plan International besagt, dass sich beinahe 48 % aller Mädchen in Großbritannien für ihre Periode schämen. Eine YouGov Umfrage von Action Aid fand heraus, dass 1 von 3 Frauen unter der Stigmatisierung der Periode leidet. Und noch dazu haben fast dreiviertel (71 %) aller Mädchen in Großbritannien zugegeben, dass sie sich schämen, Periodenprodukte zu kaufen.
Das Wort „Hygiene“ fördert die Stigmatisierung, dass die Periode unhygienisch und etwas Schmutziges sei, was „behandelt“ werden muss. Auch einige Produktmarken spielen hierbei eine Rolle, indem sie in ihrem Marketing mit dieser Scham spielen und sie fördern, um mehr Produkte zu verkaufen. So z. B. durch unnötig parfümierte Produkte, Verpackungen, die sich „leise“ entfernen lassen oder auch eine blaue Flüssigkeit in den Werbespots, die bloß nicht aussehen soll wie Blut. All dies bestärkt ein falsches Bewusstsein, dass die Periode versteckt oder zensiert werden muss.
Und nur um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Duftstoffe und Parfüm haben in der Nähe deiner Vulva und deiner Vagina nichts verloren! Aus diesem Grund verwendet Natracare auch nichts dergleichen und verbreitet die Botschaft, dass Vaginas NICHT nach Rosen riechen müssen.
Was ist Menstruationsgesundheit?
Der Begriff „Gesundheit“ wird in den Medien und der Forschung in Bezug auf die Menstruation nicht weitläufig genutzt, da er noch zu wenig definiert ist – und so wird sich immer wieder dem öfter verwendeten Begriff „Hygiene“ bedient. Im April 2021 aber hat die Terminology Action Group nun die „menstrual health“ (dt.: Menstruationsgesundheit) offiziell definiert.
Die Terminology Action Group erklärt, dass die Definition das seelische, soziale und körperliche Befinden einer Person berücksichtigt und die Bedeutung des Menstruationszyklus im Allgemeinen würdigt. Die Definition kommuniziert zudem, dass dieser Ansatz alle Menstruierenden miteinschließen muss. Unabhängig davon, wie sie sich identifizieren und auch wenn die Mehrheit derer, die menstruieren, Mädchen und Frauen sind.
Diese neue Art, über die Periode zu sprechen ist divers, inklusiv, berücksichtigt das allgemeine Wohlbefinden und lehnt jegliche Scham oder Stigmatisierung ab.
Warum Gesundheit und nicht Hygiene?
Während sich das Wort „Hygiene“ auf Aspekte der Sauberkeit und der sanitären Versorgung bezieht, beschreibt das Wort „Gesundheit“ unsere körperliche und mentale Verfassung. Es ist einfach eine sehr viel positivere Art, über die Periode zu sprechen. Gesundheit ist etwas, was immer irgendwie da ist und was im Laufe der Zeit auf und ab gehen kann. Wir können „bei guter Gesundheit sein“ oder eben auch nicht. Wir erleben Schwankungen und Veränderungen unserer mentalen und körperlichen Gesundheit. Und genau so verhält es sich auch mit unserem Menstruationszyklus und mit unserer Periode.
Wenn wir von Menstruationsgesundheit sprechen, eröffnet dies gleichzeitig den Dialog zu Themen wie dem seelischen Wohlbefinden, Sicherheit und dem Glücklichsein, anstatt sich ausschließlich auf klinische Dinge wie „Sanitärversorgung“ oder „Reinheit“ zu beziehen. Unsere Perioden sind unterschiedlich, wunderbar und komplex und die Sprache, mit welcher wir sie beschreiben, sollte dies widerspiegeln.
Die Worte, derer wir uns betätigen, um über die Periode zu sprechen, sind ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, das Tabu rund um die Periode zu bekämpfen. Dank verschiedener Initiativen und Social Media beginnt hier zum Glück ein Sinneswandel. Mehr Menschen als je zuvor sprechen über ihre Periode, ist es da nicht höchste Zeit, dass Unternehmen und der Gesundheitssektor endlich aufholen?
Möchtest du auch lieber über „Menstruationsgesundheit“ als über „Menstruationshygiene“ sprechen? Woran denkst du bei diesen beiden Begriffen? Lass uns gerne unten einen Kommentar da, wenn du deine Meinung mit uns teilen möchtest.