Sprache verändert sich ständig, und manchmal entwickelt sich ein neues Verständnis von Konzepten, welches zu einer Veränderung der Sprache führt. Zum Beispiel bekommen nicht nur weibliche Personen die Periode, sodass der Begriff „Damenhygiene“ einfach nicht mehr angemessen ist.
Ändert sich Sprache immer?
Manche Wörter sind starrer als andere. Medizinische Bezeichnungen sind ein Beispiel für Wörter, die sich nicht so selbstverständlich verändern. Vor allem, um ein besseres Verständnis zu ermöglichen und Verwechslungen zu vermeiden. Im Zusammenhang mit der Periode haben sich Hormonbezeichnungen wie Östrogen und Testosteron im Laufe der Zeit nicht wirklich geändert.
Kürzlich hörten wir Sally King, die Gründerin von Menstrual Matters, über die Etymologie dieser Wörter sprechen, und darüber, wie sie Geschlechternormen und Stigmatisierung aufrechterhalten. Wir haben beschlossen, selbst einmal nachzuforschen, ob Hormonnamen Geschlechtermythen aufrechterhalten. Folgendes haben wir gefunden:
Östrogen
Die Wurzeln des Wortes Östrogen (auch Estrogen) sind Östrus (oder Estrus) und -gen. Östrus ist ein Wort, das aus mehreren Wörtern aus dem Lateinischen, Altgriechischen, Litauischen und anderen Sprachen entlehnt wurde.
Aus diesen entlehnten Wörtern wird Östrus auf verschiedene Weise definiert:
- Eine stechende Fliege
- Ein Biss oder Stich
- Eine Leidenschaft oder Raserei
- Die Paarungsbereitschaft eines weiblichen Tieres
-Gen bedeutet ‚ein Erzeuger von‘. Östrogen kann also ein Erzeuger von einem oder mehreren der oben genannten Aufzählungspunkte sein. Es könnte ein Erzeuger von Leidenschaft oder Raserei sein, oder ein Erzeuger der Paarungsbereitschaft eines weiblichen Tieres.
Betrachtet man die Phasen des Menstruationszyklus, so weiß man, dass der Östrogenspiegel während des Eisprungs hoch ist – das ist der Zeitpunkt, an dem wir biologisch als „paarungsbereit“ angesehen werden. Diese Definition entspricht der Verwendung von Östrus in Östrogen, und es ist nicht zu leugnen, dass Östrogen oft als „weibliches Hormon“ angesehen wird. Das geht so weit, dass einige Männer Lebensmittel auf Sojabasis meiden, nur für den Fall, dass der hohe Östrogengehalt der Produkte ihren Hormonspiegel beeinflusst und sie, Gott bewahre, „weiblicher“ macht.
„Hormonelle“ Frauen und menstruierende Menschen gelten derweilen auch als bissig und es wird ihnen ein Zustand der Leidenschaft oder Raserei zugeschrieben. Vielleicht hat die Beziehung zwischen diesen verschiedenen Definitionen die Wahrnehmung von „hormonellen“ Frauen und Menschen mit Periode über die Jahre hinweg aufrechterhalten.
Testosteron
Das Wort Testosteron kommt vom lateinischen testis, was so viel wie Zeuge bedeutet, und soll sich auf das „Zeugnis der Virilität“ beziehen. Virilität bedeutet, Kraft, Sexualtrieb und Energie zu haben – also der Inbegriff des patriarchalischen Verständnisses von Männlichkeit (da müssen wir kurz den hier machen: 🙄). Steron ist ein Steroidhormon und lässt leicht erkennen, dass Testosteron genau das ist.
Ein häufiges Missverständnis ist, dass nur Menschen mit biologisch männlichen Geschlechtsorganen Testosteron produzieren. Vielleicht ist dies auf das Klischee der toxischen Männlichkeit zurückzuführen, wonach Männer stark und energisch sind und einen anspruchsvolleren Sexualtrieb haben? Der Hinweis auf die Potenz könnte den Eindruck erwecken, dass Testosteron ein „männliches Hormon“ ist. Tatsächlich haben aber auch Frauen und Menschen mit Periode Testosteron.
Könnte der Ursprung von Testosteron dazu geführt haben, dass wir jahrhundertelang geglaubt haben, Stärke und Sexualtrieb seien ausschließlich männliche Eigenschaften? Ist die Etymologie dieses Wortes eine Folge dieser Überzeugungen? Überraschen würde es uns nicht.
Progesteron
Progesteron ist eine Verbindung, die die Gebärmutter auf die Einnistung und die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft vorbereitet (eine Verbindung ist etwas, das aus zwei oder mehr Elementen besteht). Das lateinische pro wird als erstes Element in Verbindungen verwendet. Es kann auch ‚nach vorne, vorwärts, sich kümmern‘ bedeuten.
Gestation aus dem Lateinischen gestationem bedeutet ‚ein Tragen‘ und wurde in den 1610er Jahren als „eine Handlung oder ein Prozess des Tragens von jungen Lebewesen im Mutterleib“ definiert. Die Etymologie von Progesteron bezieht sich stark auf die Fruchtbarkeit und das Austragen eines Fötus oder Babys. Das macht Sinn, wenn Progesteron direkt nach dem Eisprung seinen Höchststand erreicht und plötzlich abfällt, wenn eine Eizelle nicht befruchtet wurde. Der Name des Hormons scheint nicht viele geschlechterspezifische Stereotypen aufrechtzuerhalten, abgesehen von der Gefahr, Frauen und Menschen mit Periode nur als Gebärende zu betrachten.
Sind Hormonnamen sexistisch?
Auf jeden Fall sind die Namen dieser Hormone stark in Geschlechtermythen und -stereotypen verwurzelt, aber wir sind nicht ganz davon überzeugt, dass die Namen geändert werden sollten. Es ist dennoch gut, sich bewusst zu machen, wie diese Mythen in so vielen Bereichen unseres Lebens aufrechterhalten werden. So können wir sie kritisch betrachten und erkennen, wann sie gegen uns verwendet werden.