Den eigenen Konsum nachhaltiger zu gestalten kann eine Herausforderung sein – zum Beispiel umweltfreundlichere Marken und Produkte zu finden, die auch tatsächlich deine Bedürfnisse erfüllen. Und nebenbei musst du der Versuchung zu widerstehen, deine bisherigen Lieblingsprodukte zu kaufen, von denen du jetzt weißt, dass sie voller verstecktem Plastik sind oder unserem Planeten auf andere Weise schaden – es gibt so viel zu beachten. Die größte Schwierigkeit für Verbraucher aber ist, dass nicht alle Produkte oder auch Dienste so nachhaltig sind, wie sie es gerne behaupten: Willkommen zum Greenwashing.
Was ist Greenwashing?
Der Begriff „Greenwashing“ wurde 1986 von dem Umweltschützer Jay Westervelt geprägt. Einfach ausgedrückt beschreibt er das Verhalten, sich ohne jegliche Grundlage als umweltfreundlich darzustellen und somit andere in die Irre zu führen. Firmen machen Verbrauchern etwas vor, um an deren Wunsch, etwas Gutes für die Umwelt zu tun, zu appellieren. Und das, ohne dabei tatsächlich nachhaltig zu sein oder zu handeln.
Wie kann Greenwashing in der Realität aussehen?
Ein recht aktuelles Beispiel liefert der Fast Fashion Riese H&M mit seinem Versprechen, für die neue Kollektion Circulose zu verwenden – ein Material, welches aus wiederverwerteten Kleidungsstücken besteht. Auch wenn das Verwerten von alten Materialien generell positiv ist, kann das Geschäftsmodell „Fast Fashion“, welches H&M verwendet, niemals nachhaltig sein – ganz egal welche Materialien verwendet werden. Die Idee hinter diesem Modell fördert eine ganz und gar nicht nachhaltige Frequenz und Überproduktion an Kleidungsstücken und unterstützt so die Wegwerfmentalität. Fast Fashion kann durch die Verwendung gewisser Materialien nachhaltiger werden, die Methode selbst wird aber niemals nachhaltig sein.
Wie lässt sich Greenwashing erkennen?
Wenn du dem Greenwashing nicht auf den Leim gehen möchtest, must du dich zunächst gut darüber informieren, wie du dieses erkennen kannst. Hier sind einige Tipps für dich, um Greenwashing auf die Schliche zu kommen:
Schlüsselwörter verstehen
„Pflanzenbasiert“, „umweltfreundlich“, „aus recycelten Materialien“, „komplett natürlich“ Keines dieser Wörter ist per se schlecht, aber sie alle sind Schlüsselwörter für Nachhaltigkeit, welche zu oft benutzt werden und Produkte oder Marken so aussehen lassen, als seien sie gut für den Planeten. Die Wörter lösen bei den Verbraucher:innen das Gefühl aus, dass sie ein nachhaltiges Produkt kaufen. Tatsächlich sind sie aber viel zu unspezifisch, um eine Aussage darüber zu treffen, wie nachhaltig das Produkt wirklich ist.
Zum Beispiel bedeutet „pflanzenbasiert“ lediglich, dass das Produkt aus einem Material hergestellt ist, welches von Pflanzen stammt. Dies erschafft die Vorstellung, dass etwas aus dem Boden kommt und auch wieder dorthin zurückgeführt werden kann, ohne Schaden zu verursachen. In Wirklichkeit gibt es ein großes Spektrum, wenn es darum geht, wie nachhaltig zum Beispiel pflanzliches Plastik ist. Achte hier besonders darauf, wie Behauptungen begründet und erklärt werden. Ist es tatsächlich eine Mischung aus erneuerbaren Rohstoffen und Plastik aus Erdöl? In diesem Fall kann es nicht recycelt ODER kompostiert werden und wird die Umwelt genauso verschmutzen wie herkömmliches Plastik. Wenn Materialien recycelt oder kompostiert werden können und zu 100 % aus erneuerbaren Rohstoffen bestehen, sind diese nachhaltiger. Die Schlüsselwörter zu verstehen wird dir dabei helfen, die richtigen Fragen zu stellen. Was uns zu unserem nächsten Punkt bringt…
Fragen, fragen, fragen …
Wenn du dir bezüglich eines Nachhaltigkeitsversprechens auf einem deiner Lieblingsprodukte nicht sicher bist, kontaktiere den Hersteller und bitte darum, die Behauptungen zu erklären und deine Fragen zu beantworten. Wenn eine Firma wirklich darum bemüht ist, dem Planeten etwas Gutes zu tun (und nicht nur dem eigenen Bankkonto), dann werden sie deine Fragen oder Sorgen schnell aus dem Weg räumen können und dir erklären, wie sie durch ihre Taten ihr Ziel erreichen.
Wirf einen Blick auf die Firmengeschichte
Eine gute Frage, die man sich selbst stellen kann, ist: „Ist dies das erste Mal, dass die Firma etwas Gutes für unsere Umwelt oder unseren Planeten tut?“. Wenn du die Firmengeschichte recherchierst und die Antwort auf die Frage „ja“ ist und gleichzeitig keine Erklärung zum Richtungswechsel zu finden ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie Greenwashing betreibt.
Wenn eine Marke ganz plötzlich behauptet, dass es einer ihrer wichtigsten Werte ist, die Umwelt zu schützen, es aber dafür keine Anhaltspunkte in der Firmengeschichte gibt noch irgendwelche Erläuterungen, welche Entscheidungen bisher auf dieses Ziel eingezahlt haben, dann versucht sie wahrscheinlich lediglich auf den Zug aufzuspringen, um den Absatz zu steigern.
Schaue dir das Geschäftsmodell an
Wenn ein Rohr bricht, kann es nicht mit einem Stück Klebeband geflickt werden. Genauso verhält es sich mit einem Geschäftsmodell, welches von Natur aus schlecht für die Umwelt ist. Einige Materialien zu ändern, die CO2 Emissionen etwas zu senken oder für jeden Verkauf eines Produktes einen Baum zu pflanzen, wird nicht reichen.
Wenn du eine Marke entdeckst, die Nachhaltigkeitsversprechen benutzt, denk darüber nach, ob ihr Geschäftsmodell an sich das Gegenteil von nachhaltig ist. Und wenn ja, ob die Versprechen, die die Marke oder die Firma machen, diese Probleme des Geschäftsmodells lösen oder sie nur an der Oberfläche kratzen. Wenn es nur oberflächliche Veränderungen sind, wird das Geschäftsmodell unverändert bleiben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Veränderungen nur gemacht wurden, um umweltfreundliche Verbraucher anzusprechen und die Verkaufszahlen zu steigern (es wird also Greenwashing betrieben!).
Was sagen Aktivisten dazu?
Social Media kann manchmal hilfreich dabei sein, herauszufinden, ob die neusten Behauptungen in puncto Nachhaltigkeit nur Greenwashing von Firmen sind. Achte darauf, was Aktivist:innen zu diesen Behauptungen zu sagen haben, wie denken sie darüber? Du wirst wertvolle Tipps bekommen, welche Marken du meiden solltest und nach welchen Zeichen du bei anderen Marken Ausschau halten solltest.
Wenn es sich zu gut anhört, um wahr zu sein, dann stimmt es wahrscheinlich nicht
Wenn du sorgfältig nachgeforscht hast und dir immer noch unsicher bist oder es sich einfach zu gut anhört, um wahr zu sein, dann ist es wahrscheinlich auch nicht wahr. Dinge, die es zu beachten gilt, sind zum Beispiel der Produktpreis im direkten Vergleich zu den Nachhaltigkeitsversprechen. Sind die Preise vergleichbar mit denen herkömmlicher Produkte, die dem Planeten schaden? Könnte der Grund dafür sein, dass die Firma keinen fairen Lohn zahlt? Jetzt ist eine gute Zeit nachzufragen. Frag dich auch, ob sich die Behauptung realistisch oder realisierbar anhört – wenn nicht, ist es wahrscheinlich Greenwashing.
Firmen, Marken und Produkte haben einen großen Einfluss auf die kommenden Jahrzehnte und darauf, ob wir den zerstörenden Effekt des Klimawandels stoppen können. Wir können unsere Macht als Verbraucher:innen nutzen und Entscheidungen treffen, die diejenigen unterstützen, die wirklich versuchen unserem Planeten zu helfen und gleichzeitig diejenigen unter Druck setzen, die keinen ernst gemeinten Wandel anstreben.
Fallen dir irgendwelche verräterischen Anzeichen für Greenwashing ein, nach denen du Ausschau hältst, um es zu erkennen? Nenn sie uns in den Kommentaren.
Vielen Dank für den interessanten Artikel. Tatsächlich sehe ich es auch kritisch, wenn das Unternehmen im Kern nichts verändert, sich aber plötzlich ganz groß Nachhaltigkeit auf die Fahne schreibt.
Ihr erwähnt das Beispiel H&M. Wir haben uns ebenfalls mit dem Fast Fashion Unternehmen auseinandergesetzt und auch ihre Conscious Kollektion hat bspw. einen hohen Anteil an Polyester.
Wir haben die Vision von H&M einmal ein paar Studien gegenübergestellt und hier schneidet H&M nicht gut ab
Viele Grüße